Über die Wirklichkeit
Nehmen wir einmal an, die eigentliche Wirklichkeit,
also die Wirklichkeit jenseits aller Täuschung und Illusion,
sei allumfassend und eins,
also ohne Fehl und nicht in vom Ganzen abgetrennte Teile zerstückelt,
– wir könnten sie dann ALL nennen oder SEIN –
und sie sei – wie uns die moderne Physik lehrt – dem menschlichen Auge unsichtbar,
– wir könnten sie dann GROSSEN GEIST nennen –
und nehmen wir weiterhin an, sie sei unbegrenzt und multidimensional,
also weder räumlich, noch zeitlich noch auf 3 Dimensionen beschränkt,
– wir könnten sie dann EWIGKEIT nennen –
und sie sei mit allem ausgestattet, womit auch wir begabt sind,
also mit der Fähigkeit zu fühlen, mit Intelligenz und Bewußtsein,
– wir könnten sie dann BEWUSSTSEIN nennen –
und darüber hinaus verfüge sie über Fähigkeiten, die wir uns nicht träumen lassen,
– wir könnten sie dann MYSTERIUM oder GROSSES GEHEIMNIS nennen –
und nehmen wir nun weiter an, sie sei liebevoll und spielerisch,
– wir könnten sie dann LIEBE oder GÖTTLICHE KOMÖDIE nennen –
und sie habe beschlossen, sichtbar zu werden in Raum und Zeit (also in nur 4 Dimensionen), aus purer Lust, sich zu offenbaren und sich selbst zu erkennen.
Wenn diese – gemäß unserer Annahme– unbegrenzte und multidimensionale Wirklichkeit sich – ebenfalls unserer Annahme gemäß – in der Beschränktheit der Welt von Raum und Zeit zu offenbaren gewillt sei, kann sie ihre Unendlichkeit nur im ewigen Wandel der endlichen Formen zum Ausdruck bringen: Sein manifestiert sich im Werden. Das jedem Werk Innewohnende, das alles Werden antreibt und den Wandel vollbringt
– könnten wir mit der Wortschöpfung des Sokrates ENERGIE nennen –
Nehmen wir weiterhin an, diese eigentliche Wirklichkeit stehe in der von ihr erschaffenen menschlichen Gestalt vor dem von ihr erschaffenen Spiegel des mentalen Geistes. Solange der Spiegel absolut ruhig und still ist wie die Oberfläche eines stillen Sees, sieht sie nur Unendlichkeit widergespiegelt, wenn sie in den Spiegel schaut – begleitet vom Gefühl tiefen Frieden und unbeschreiblicher Glückseligkeit.
Der Spiegel des mentalen Geistes (auch als Lichtträger bekannt) – sich seiner Fähigkeit bewußt geworden – erfreut sich daran, Spiegelbilder zu erzeugen: Phänomene, die kommen und gehen, aus dem Zusammenhang gerissene Erscheinungsformen der eigentlichen Wirklichkeit, die als Illusionen wirken, weil sie vom Ganzen abgetrennt scheinen, Vorstellungen, die im Dienste des Werdens stehen. Es ist, als ob er Träume erzeuge, die in Raum und Zeit existenziell erfahren werden. Gleichmütig gegenüber dem ewigen Wandel der Phänomene ruht sie in sich: die eigentliche Wirklichkeit.
Im Strom der vom mentalen Geist erzeugten Gedanken, Gefühle und Vorstellungen taucht früher oder später auch die Idee auf
»Ich bin dieser Körper, dieses Gemüt, dieser in der Beschränkung von Raum und Zeit gefangene Geist«.
Sobald wir dieser Idee Glauben schenken, ist es mit der Gemütsruhe vorbei. Existenzangst bemächtigt sich unser und innere Geschäftigkeit (Denken, etwas tun wollen) setzt ein, um zu retten, was zu retten ist – orientierungslos wie bei aufgescheuchten Hühnern. Alle Vorstellungen, die der von der Angst getriebene mentale Geist nun produziert, verstellen den Blick auf die eigentliche Wirklichkeit nur noch mehr.
Wir befinden uns in einem Teufelskreis und sind damit angekommen in der vermeintlichen Wirklichkeit dieser Welt.
„Ruhe bewahren!“ ist mehr als nur eine oberflächliche Floskel oder hohle Phrase – es ist das erste Gebot der Vernunft. Denn nur tiefgründige Ruhe und Stille sind die Quelle, aus der der mentale Geist Gedanken empfangen kann, die uns den Weg nach Hause weisen, zurück zur eigentlichen Wirklichkeit.